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Professionelle Ausbildung am Instrument

Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,

natürlich wollen wir heutzutage Interpretationen auf der Konzertbühne erleben, die makellos sind, die technisch wie interpretatorisch eine fundamentale Durchdringung der Werke seitens des Pianisten erleben lassen. Aber ist dies heutzutage wirklich noch möglich, in einer Zeit, in der die professionelle Klavierausbildung allein der Reproduktion gewidmet ist? In früheren Tagen waren durchaus mehr Talente von einem Pianisten gefordert, der auch Musiker in jeder Hinsicht sein musste: er musste improvisieren, musste sich auch im Spiel anderer Tasteninstrumente auskennen, musste vom Blatt spielen und wenn möglich auch kleine Stücke komponieren können, mit den richtigen vorgaben in Kontrapunkt. Das Generalbassspiel war zudem eine Selbstverständlichkeit. Als man im 20. Jahrhundert mit Tonaufnahmen begann, und spätestens mit der Einführung der Schnitttechnik für Einspielungen wurde ein vordergründiger Perfektionismus im Klavierspiel erwartet, der die Spezialisierung auf das alleinige Wiedergeben von alten Werken zur Folge hatte. Somit war in der Klavierausbildung das alleinige Reproduzieren auf technisch hohem Niveau geboren, das fast alle anderen genannten Fähigkeitsvermittlungen außer Acht ließ.

Erst nach und nach und mit der wissenschaftlichen Beschäftigung des Vergleichs von früheren Ausbildungsmethoden zu den heutigen, geht man dieser Problematik auf den Grund. Ja, es ist ein Problem. Denn allein mit der Reproduktion von Werken auf nur einem Instrument (dem modernen Flügel), kann  man nicht erwarten, dass sich bereits im Studium große Musiker entwickeln. Ganz im Gegenteil kämpfen heutige Klavierstudenten gegen Aufnahmetechnik, einen technischen Perfektionismus am Instrument, der sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Standard entwickelt hat und der das persönliche Gestaltungsmerkmal oftmals außen vor lässt.Das soll nicht heißen, dass heutige Pianisten – auch junge – nicht auch großartige Musiker sein können – nur haben sie diese Fähigkeiten oftmals nicht im Studium gelernt, sondern aus Eigeninteresse in ihrer freien Berufstätigkeit. Natürlich haben die Studenten Gehörbildung, haben Kontrapunkt und Musikgeschichte als Fächer, aber diese betreffen nicht die Praxis am Instrument. Alles weitere Wissen muss sich heutzutage fast jeder Pianist selbst aneignen – und das gelingt nicht immer.Man muss überlegen, ob die heutige Art der Ausbildung nicht einer Revision bedarf, ob man nicht vielleicht die moderne Ausbildung mit der früherer Tage wieder kombinieren muss, um wieder wahre Musiker am Tasteninstrument auszubilden, solche, die mehr können als Musik perfekt reproduzieren, was nur ein Teil des Berufes Pianist sein darf.

Rückblicke und Offenheit für Neues

Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,

gerne blicken viele von uns zurück: auf Live-Erlebnisse mit Pianisten auf der Bühne, mittels Aufnahmen aus früheren Tagen, vielleicht auch auf unsere eigenen Erfahrungen am Instrument. Dieses Zurückblicken hat mehrere Facetten: zum einen meint man, dass kaum ein heutiges Erlebnis denselben Eindruck hinterlassen kann wie die aus vergangenen Tagen. Zum anderen ist man gewillt den alten Erlebnissen mehr Qualität und Tiefe zuzusprechen. Doch ist das so?
In einer Zeit, in der aufgrund digitaler Medien, beständigen Meldungen von „Neuigkeiten“ das Leben ungleich atemloser geworden zu sein scheint, als dies in früheren Zeiten der Fall war, denkt man, dass die Liebe zur Klaviermusik einem Halt gibt, etwas Beständigeres darstellt als all die anderen Einflüsse und negativen Nachrichten. Und genau so ist es auch! Man muss nur abwägen, ob man das frühere Erleben von Pianisten auf der Bühne oder in Aufnahmen vergleichen will, oder ab man es gleichbedeutend mit dem, was man heute erlebt gelten lässt.Denn eines ist klar: Es gibt sie immer noch, diese seltenen Momente, in denen man denkt, dass dieses Erlebnis, das Anhören einer CD, eines bestimmten Konzerts einmalig ist, ein Erlebnis darstellt, dass sich einbrennt in die Tiefen der Erinnerung. Man sollte aufhören zu vergleichen, das Alte zu romantisieren, in dem Sinne, dass es kritiklos als besser angesehen wird. Aber wir sind nun einmal dazu verdammt, dass wir alles sofort vergleichen, unser Gehirn nimmt die abgespeicherten Erlebnisse als unwiderrufliche Referenz von dem wahr, was wir neu erleben. Da ist es schwierig sich frei zu machen und das Neue als mindestens ebenso spannend, interessant oder erlebenswert zu goutieren. 

Beispiele? 

1. Klavieraufnahmen, gehört von einer LP, die uns seit der Jugend bekannt ist. Hier kennen wir jeden Knacks und Kratzer, kennen die Interpretation des Pianisten bis ins Kleinste. Wie soll dagegen eine neue Einspielung bestehen, wenn wir jedes Rubato der alten Aufnahme so abgespeichert haben, dass es zum Maß aller Dinge geworden ist? 

2. Der Klang eines Instruments: Wenn wir seit unserer Jugend ein und dasselbe Instrument spielen, es immer wieder hören und im Anspielen erleben, werden wir jedes andere Instrument damit vergleichen. 

3. Das Live-Erlebnis. Eine kann sein, dass es eine besondere Atmosphäre war, die wir da in einem bestimmten Saal erlebten, dass es ein besonderes Publikum war, wir das Konzert mit einer für uns besonderen Person besucht haben. In diesem Moment wird das Konzert zu etwas ganz besonderem, vollkommen unabhängig von der Qualität des Spiels. 

Offenheit

Natürlich wird jeder Zustimmen, dass einige Dinge in früheren Zeiten einfacher waren, besser funktionierten, weniger austauschbar waren. Ja, das mag sein. Aber wir müssen auch weiterhin offen sein für das neue in der Klaviermusik. Und das nicht nur in der Musik selbst, die sich beständig weiterentwickelt, sondern auch für die Art der Interpretationen, die sich beständig verändert und auch entwickelt. Dies mag aufgrund neuer Ausgaben von bekannten Werken der Musikgeschichte geschehen, von anderen Ansichten der Pianisten ausgehend, oder aber durch neue Säle, in denen nun alles anders klingt als früher. Und auch die Instrumente entwickeln sich, werden einen immer wieder neuen Klang auf die Bühnen bringen, heute vielleicht mehr als in den vergangenen 50 Jahren.
Das Vergleichen ist unumgänglich, aber eine kritische Haltung unserem eigenen Empfinden gegenüber sollte die wirkliche Grundlage für uns sein, große Momente des Klavierspiel, des Klavierklang zu erkennen. Wer nun denkt, dass er schon alles gehört hat, und sich deshalb als einer aufschwingen kann, der es besser weiß, liegt falsch!

Kultur und was es sein sollte

Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,

was ist eigentlich die momentan so oft beschworene Kultur, die von der Politik mehrfach – trotz Unterstützung hier und da – insgesamt und verglichen mit anderen Bereichen der Wirtschaft schmählich vernachlässigt wird? Nun, eigentlich ist es ein wenig vage, was wir heute unter Kultur verstehen. Wenn wir nämlich von früheren Zeiten sprechen, dann sprechen wir beispielsweise von Hochkulturen der Antike, also von der Kultur als Ausdruck eines gesamten Reiches, eines gesamten Volkes. Das scheint mittlerweile nicht mehr der Fall zu sein, anscheinend ist Kultur mittlerweile zu einem eigenständigen und dem Begriff der „schönen Künste“ des 19. Jahrhunderts nahe stehenden Feld geworden. Doch ist Kultur nicht weitaus mehr, ist es nicht das, was ein Volk ausmacht, was es unterscheidet auch von anderen „Kulturen“, also Völkern. Dieses Verständnis wird aber immer nur dann herangezogen, wenn man sich absondern will von anderen „Kulturen“, anderen Völkern. Schon spricht man nicht mehr davon, dass einige Menschen aus anderen Kulturbereichen kommen, die von einem anderen kulturellen Verständnis geprägt sind. Dabei ist der Begriff aus dem Lateinischen von „cultura“ abgewandelt, der eigentlich den Ackerbau und die Pflege des Landes meinte. Bald wurde dieser Begriff aber schon mit etwas Materiellem verbunden.

Wie auch immer: Heute steht Kultur anscheinend für etwas, was nicht der Ökonomie dient, sondern zur geistigen „Befriedigung“ oder „Belustigung“ der Menschen in einem Land oder auch darüber hinaus. Für die alten Griechen waren die Künste eng mit den Wissenschaften verbunden und bildeten die Grundlage für eine reiche Kultur. Heute wird Kultur vor allem den Künsten zugerechnet – und das ist falsch. Zwar machen die Künste einen Großteil der kulturellen Grundlagen eines Volkes aus, aber eben nur die Grundlagen, auf die die anderen Bereiche des Lebens, wirtschaftliche ebenso wie wissenschaftliche aufbauen. Ohne die Grundlage sind die anderen Bereiche, die heutzutage zumindest in der Politik eine anscheinend wichtigere Rolle zu spielen scheinen, nicht denkbar. Dabei versucht man der Allgemeinheit mitzuteilen, dass es andersherum ist: Dass ohne die Wirtschaft und Wissenschaft die Kultur nicht zu finanzieren wäre. Aber was wäre denn eine florierende Wirtschaft ohne die Kultur? Einfach nicht denkbar, denn die hochqualifizierten Arbeitskräfte eines Unternehmens wollen ja auch Kultur genießen. Wie wichtig die Kultur ist (oder zumindest war), zeigen auch Großunternehmen wie die Bayer AG in Leverkusen oder die BASF in Ludwigshafen, die eigene Kulturabteilungen, Orchester und Konzerthäuser errichteten, da sie wussten, dass es wichtig ist, die Kultur in ein florierendes Unternehmen zu integrieren. Doch auch dieses Denken ist mittlerweile ein gestriges.

Kultur gilt heute als etwas anscheinend Beiläufiges, etwas, das nicht wichtig ist für die breite Masse, solange der viel beschworene „Wirtschaftsmotor“ funktioniert. Doch würde dieser ohne das kulturelle Angebot wie in einem Land wie Deutschland wirklich funktionieren? Wohl kaum. Und dass in den kulturellen Bereichen mehr Menschen arbeiten als in der Automobilindustrie inklusive der vielen zulieferfirmen, scheint keinen zu interessieren. Dass der Kultursektor zudem auch ein wirtschaftlicher Motor für ein Land ist, anscheinend auch nicht. Zur Kultur gehören weitaus mehr Bereiche als Museen, Konzert- und Opernhäuser oder Theater. Da sind die vielen Clubs, die Instrumentenhändler und -hersteller, die vielen freien Musiker, Schauspieler, die Bühnenleute, die Tonstudios, die Zeitschriften und Magazine, die Schallplattenindustrie, die Buchverlage, die Vertriebe, die dafür sorgen, dass man diese Dinge überhaupt zu Gesicht bekommt und käuflich erwerben kann, die Agenturen usw. Wären diese Bereiche nicht mehr da, würden auch viele Zulieferfirmen darunter leiden: Die Setzereien, die Druckereien, die Rundfunkanstalten, die immerhin einen öffentlichen Auftrag haben, die Holzlieferanten für die Musikinstrumente – einen umfassende Liste wäre endlos …Kultur ist ein ebenso wirtschaftlicher wie unabdingbarer Bestand eines Landes. Also sollte man es auch als Grundlage des Lebens sehen und ihn nicht abgesondert von anderen Bereichen betrachten! Ohne Kultur gäbe es ein Land wie Deutschland in dieser Form gar nicht.

Neue Normalität oder Todesstoß?

Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,

hängt Ihnen das Thema Corona-Pandemie auch schon zum Hals raus, können auch Sie keine Expertenmeinungen mehr hören, da doch alle eigentlich gleichlautend sagen: Wir wissen nicht ganz genau, was noch passieren wird. Die Aufhebung der Beschränkungen lässt hoffen, aber was genau kann man denn für die Klavierwelt erwarten?

„Neue Normalität“ nennen kluge Köpfe nun die Aufhebung der Beschränkungen. Das mag zutreffen, wenn es um das Einkaufen im Supermarkt mit Maske geht, wenn man an die Urlaubsreise denkt oder an das Bahnfahren. Denn selbst die Einschränkungen mit Maske sind recht harmlos. Doch wie sieht es mit dem Konzertbetrieb aus? Nur wenige Zuhörer können im Saal sein, können bei einem Event ohne Pausen wohl nur außerhalb des Saals eine Art von sozialem Erlebnis beiwohnen. Und das ist ein Konzert mit Klaviermusik nun einmal auch: ein soziales Erlebnis. Denn der Austausch mit Gleichgesinnten machte schon immer – und so ist es auch heute – einen Großteils des Konzerterlebnisses aus. Man will das Erlebnis verarbeiten, will darüber sprechen. Zudem sind es gerade – so ist es schon seit Jahrzehnten – die älteren Menschen, die in Konzerte gehen. Sie gehören aber offiziell zur Risikogruppe unserer Bevölkerung. Wollen sie sich wirklich den Gefahren eines Konzertbesuchs aussetzen, gleichgültig wie genau die Richtlinien der Abstände und der Hygiene aufrecht gehalten werden?

Natürlich ist es gut, wenn der Konzertbetrieb langsam wieder Fahrt aufnimmt, wenn Pianisten wieder auftreten, für ein reales Publikum spielen können und nicht für eine Kamera, hoffend, dass jemand im Livestream zuhört. Aber wie kann man wohl wieder zu einer echten Normalität zurückkehren. Wohl auf lange Zeit überhaupt nicht, so wie es aussieht. Und vielleicht wäre es auch unvernünftig, wenn die Säle und Konzertveranstalter nun einfach wieder zu einer Aktivität zurückkehrten, die vor der Pandemie normal war, denn immerhin haben wir noch keinen Impfstoff für das Corona-Virus. Zudem haben sich viele Klavierliebhaber daran gewöhnt, sich Musik virtuell anzuhören und anzuschauen, mit einem Glas Wein zu Hause auf dem Sofa. Das kann für viele Menschen eigentlich auch so bleiben. Sie müssen sich nicht aufmachen, um zu einem Saal zu kommen, womöglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln, sich beeilen, die letzte Straßenbahn- oder Busverbindung nach Hause zu erreichen, wenn das Konzert einmal länger dauert. Sie können während des Konzerts mit jemandem direkt über das sprechen, was man da erlebt. Natürlich ist das nicht dasselbe wie ein Live-Konzerterlebnis, aber der Mensch ist nun einmal auch bequem und ein „Gewohnheitstier“. Nun machen sich viele Entscheider der Musikindustrie daran, die Digitalisierung zu professionalisieren, es zu einer Dauerlösung auf Bezahlebene zu hieven, dass man Musik über den Fernseher oder den Computermonitor „genießen“ kann. So beispielsweise die Deutsche Grammophon mit ihrem Abonnement „Online-Forum DG Premium“. Das ist kontraproduktiv, vor allem für all die unbekannteren Künstler ein Schlag ins Gesicht, denn wenn das die „neue Normalität“ wird, werden auch sie in Zukunft ohne Publikum kaum mehr Konzerte spielen können.

Die Frage ist, was man in der langen Zwischenzeit machen kann, machen sollte? Denn die Lust an und auf die Klaviermusik ist nicht gesunken, ganz im Gegenteil hat man in den vergangenen Monaten gespürt, dass das Interesse durchaus noch gestiegen ist. Das liegt sicherlich auch daran, dass viele Menschen wieder Zeit hatten, sich mit ihrem Klavier zu Hause zu beschäftigen, sich wieder mit den Klavieraufnahmen, die sie lange nicht gehört hatten, beschäftigen konnten. Livestreams waren interessant, aber nicht das eigentlich Wichtige.

Die Rückkehr zu einer wie auch immer gestalteten und wie auch immer genannten Normalität wird noch auf sich warten lassen. Bis dahin bleibt vor allem eines: Die Lust und der Spaß am eigenen Klavierspiel, am Zuhören von Künstlern, die das Klavier spielen und davon leben wollen und müssen. Eine wirkliche Unterstützung fehlt bislang immer noch, wenn es nicht ohnehin schon zu spät dafür ist, denn einige Pianisten haben sich schon einen „Nebenjob“ suchen müssen, um zu überleben … Halten wir das Klavierspiel aufrecht und verlieren wir nicht den Spaß am Live-Event, ansonsten werden wir irgendwann bereuen, dass wir „bequem“ geworden sind.

Was zu retten bleibt

Liebe Klavierenthusiastinnen und -enthusiasten,

ein Sommer ohne Live-Konzerte liegt vor uns, ein Sommer, in dem wir kaum Klavierwettbewerbe, die eigentlich hätten stattfinden sollen, besuchen können. Die Corona-Krise macht es unabdingbar, dass wir Beschränkungen auch im kulturellen Bereich auferlegt bekommen haben. Wir haben uns in den vergangenen Monaten alle mit Aufnahmen und virtuellen Live-Angeboten im Internet über Wasser gehalten – und haben unser eigenes Instrument wieder stärker entdeckt. Dabei haben viele von uns festgestellt, dass das Instrument nicht mehr in einem Zustand ist, in dem wir glaubten, dass es eigentlich ist – oder sein sollte. Je mehr Zeit man am Instrument verbringt, umso anspruchsvoller werden wir auch. Aus diesen Erfahrungen können wir unsere Lehren ziehen. Denn das Spiel auf dem Instrument, die Freude (und auch der Frust), die man dabei empfindet, ist etwas, was bleibt.

Das Klavierspiel, die intensive (auch passive) Beschäftigung mit Musik, und speziell der Klaviermusik bringt uns das, was zählt: Gehirnaktivität, gepaart mit Freude. Genau daran sollten wir uns immer erinnern, auch dann, wenn alles wieder einen „normalen“ Weg nach der Krise geht. Denn das ist, was wichtiger ist, als in den Urlaub zu fahren. Ohnehin sind die auch auf politischer Ebene geführten Diskussionen über mögliche Urlaube in fernen Ländern mehr als eigenwillig. Denn in der Regel will man ja in den Urlaub fahren, um dem Alltag, dem Arbeitsalltag, zu entfliehen, sich zu entspannen. Doch haben wir nicht genug Entspannung gelernt in den vergangenen Monaten? Haben wir nicht verstanden, dass Entspannung in den eigenen vier Wänden ebenso gewinnbringend sein kann, wie das Herumreisen in ferne Länder? Und hatten wir nicht auch in unseren Breitengraden Sonne genug? Also, warum „in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah liegt“?

Das Klavierspiel, das Zuhören mit Noten, wenn man diese lesen kann, das Vergleichen von Aufnahmen, wenn man genügend Einspielungen von bestimmten Werken hat, sich über die Hintergründe von Komponisten mittels Biografien, sozialpolitischen Büchern zu informieren, das ist etwas, was wirklich an Kenntnissen bleibt, was einem eine gewisse Freude bringt, die man nur schwerlich auf andere Weise erreichen kann. Zudem hat sich herausgestellt, dass Menschen in der Krise wieder weitaus mehr miteinander kommunizieren, sich austauschen – auch über ihr Lieblingsthema, die Klaviermusik. Es wird wieder stundenlang telefoniert, da man die Zeit dafür hat, es werden mehr Diskussionen online geführt, da man sich mit Gleichgesinnten vereinen will. All dies sind die Momente, nach denen man sich schon bald wieder sehnen wird, wenn alle wieder ihren Aufgaben hinterherrennen.

Wir haben aus der Krise des Corona-Virus viel gelernt, über die Menschen, unsere Gesellschaft, die Politik … und vor allem über uns. Und trotz der frustrierenden Momente, der vergleichsweisen Einsamkeit in den eigenen vier Wänden, der Einschränkungen, haben wir doch auch viele Momente erkannt, die wir ansonsten vermissen.

Das zu erhalten, diese Gefühle zu retten, ist nun eine Aufgabe, der wir uns stellen müssen, denn es wird nicht leicht sein, sich immer daran zu erinnern, wie es auch anders geht – gewinnbringend für unser selbst sein kann, wenn wir uns Zeit für das Klavier, die Musik und uns selbst nehmen …

Konkurrenzdenken in der Klavierwelt?

Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,

in Zeiten, in denen das Gemeinsame wichtiger ist als das Gegeneinander ist es auch Zeit, sich über ein Konkurrenzdenken in der Klavierwelt Gedanken zu machen. Natürlich ist die Profession eines Pianisten erst einmal eine recht einsame. Entsprechend haben viele, gerade jüngere Pianisten ein ausgeprägtes Konkurrenzdenken entwickelt, da sie jahrelang „stillen Kämmerlein“ dafür gearbeitet haben, um irgendwann einmal auf einer Bühne zu sitzen, vor Publikum zu spielen. Doch nun, durch die Corona-Krise, sind plötzlich alle im selben Boot, denn niemand, gleichgültig wie berühmt sie oder er ist, tritt vor Publikum auf. Da ist das Denken, dass man vielleicht ein Konzert weniger spielt, da es ein anderer bekommen hat, nicht mehr angebracht, auch wenn viele Online-Konzerte dann doch wieder nur eine Handvoll von Pianisten mit großem Marketing eine entsprechend große Aufmerksamkeit zu Teil wird. Aber alle anderen haben nun auch die Möglichkeit, sich einem breiteren Publikum von zu Hause aus zu präsentieren. Und da kann man so einige Pianisten entdecken, die bislang noch nicht so richtig wahrgenommen wurden. Konkurrenzdenken wir da ausgeschaltet.

Auch die anderen Bereiche der Klavierwelt sollten sich durch die Erfahrungen der vergangenen Wochen nun langsam von einem krankhaften und althergebrachten Konkurrenzdenken verabschieden: Klavierhändler sollten – wie es im Kleinen schon geschehen ist – zu Allianzen zusammenfinden, da viele oftmals nicht aus eigener Kraft haben, ihre Angebote wieder einem breiteren Kundschaft kundzutun. Immerhin sind die Menschen aufgrund der finanziellen Einbußen oftmals verunsichert. Und wenn selbst die Politik über den vielleicht nicht stattfindenden Sommerurlaub diskutiert, sparen viele ansonsten vielleicht am Klavier Interessierten schnell bei allem, was man als kulturelle Inspiration bezeichnen könnte – auch beim Klavier.

Den dritten große Bereich stellen natürlich die Klavierhersteller dar. Viele haben Kurzarbeit angemeldet, produzieren momentan gar nicht. Nur einige versuchen ihre Fertigung weiterlaufen zu lassen, um Lieferengpässe, die in der Vergangenheit bei bestimmten Modellen bestanden, nun aufzufüllen, damit es keine Lieferzeiten mehr gibt. Doch wenn man sich in Europa umschaut, dann sollte sich auch bei den Herstellern langsam ein Denken für Allianzen einstellen. Natürlich könnte man womöglich jedes verkaufte Instrument einer Marke, als ein nicht verkauftes der anderen ansehen. Aber ist es nicht so, dass das Thema Klavier eigentlich viel zu wenig im Bewusstsein der breiten Bevölkerungsschicht verankert ist? Sollte man nicht daran arbeiten, das Instrument selbst, das Klavier, das nun eine 320-jährige Geschichte hat, thematisieren. Sollte dies ein Hersteller allein versuchen? Wohl kaum, denn kein Hersteller hätte genug Kraft, dies einer breiten Bevölkerung nahezubringen. Und wenn das Klavier erst einmal wieder als Kulturgut angesehen wird, kann es auch zu einer neuen Lebendigkeit des Verkaufens kommen.Konkurrenz ist gesund, sagt man im Marketing. Das stimmt, denn ohne Konkurrenz ruht man sich als Hersteller zu schnell auf den eigenen Lorbeeren aus und wird träge. Konkurrenz belebt das Geschäft, lautet ein anderer Satz aus der Wirtschaft. Stimmt auch, aber nur dann, wenn die Allgemeinheit das, was man herstellt, überhaupt genug wahrnimmt. Und dies ist momentan vielleicht gar nicht der Fall, da die meisten Menschen an andere Dinge zuerst denken.

Daher sollten nun alle, die sich dem Thema Klavier widmen, ein falsches Konkurrenzdenken aussetzen, und das Instrument als Kulturgut und als ein Medium, das in Krisenzeiten Gutes bewirken kann, vermarkten.

Chinas Probleme und die Klavierwelt

Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,

seit Monaten nun hält uns der sogenannte Corona-Virus die Welt in Atem und Quarantäne, die Nachrichten werden nicht weniger, die Bedrohung einer Epidemie scheint trotz unseres so fortgeschrittenen Forschungsstandes in der Medizin kaum abwendbar. Was bedeutet das für eine für die Wirtschaft scheinbar so unbedeutende wie im globalen Denken unwichtige Klavierwelt? In jedem Fall ist sie stark beeinflussend!

Wir dürfen nicht vergessen, dass bis zu 70 Millionen Kinder bis Erwachsene in China den Wunsch haben, sich zu professionellen Pianisten ausbilden zu lassen. Da ist es nur eine Selbstverständlichkeit, dass viele Chinesen auch in den Westen Europas drängen, um sich dort ihre Ausbildung zu holen. Und da Deutschland eines der wichtigsten Musikländer in Europa ist, studieren viele Chinesen auch an deutschen Musikhochschulen. Der Corona-Virus brach in seiner vollen Wucht in China kurz vor dem chinesischen Neujahrsfest aus. Viele Chinesen waren in ihre Heimat gefahren, um dieses wichtige Fest zu feiern. Etliche sind nicht mehr zurückgekehrt, aus Angst die Welt anzustecken. Es fehlten in Klavierklassen schnell schon etliche der Studenten. Die, die dennoch zurückkehrten, wurden mit Argusaugen beobachtet, oder sogar von anderen Studenten „geschnitten“, da jeder Angst vor einer Ansteckung hatte. Wenn man die globalisierte Musikwelt betrachtet, wird es klar, dass ganze Orchestertourneen von Ensembles oder von Orchestern abgesagt wurden. Es ist eine schwierige Zeit, die sich erst nach und nach beruhigen wird.

Doch auch die Klavierindustrie verspürt solch eine Seuche, denn viele Hersteller beziehen ihre Halbfertigprodukte aus dem „Land der Mitte“, um sie in Deutschland in ihre Instrumente einzubauen: Mechaniken, Tastaturen und andere Teile werden in China gefertigt. Natürlich kann das schnell zu Produktionsproblemen auch in Deutschland führen, wenn die Arbeiter in China nicht in ihre Fabriken gehen dürfen, aus Angst davor, dass sie sich dort nochmals anstecken könnten oder Transportunternehmen nicht wie gewohnt arbeiten können. Dennoch wird es wohl kaum auf dem Klaviermarkt zu wirklichen Engpässen kommen, da es genug Klavierfachgeschäfte gibt, die viele Instrumente zur Verfügung haben. Dass eine Vielzahl von Marken direkt aus China nach Europa geliefert wird, steht zudem außer Frage: Ritmüller, Irmler, Essex, Wilhelm Grotrian, Fridolin von Schimmel und viele mehr …

Doch die Klavierindustrie war immer schon eine Branche, die eine wirtschaftliche Beeinflussung immer erst mit einer Verzögerung wahrgenommen hat. Dies liegt auch an der langen Verarbeitungszeit der Instrumente. Angst vor Instrumenten aus China muss man aber wohl kaum haben, denn es ist klar, dass der Virus sich nicht länger auf Oberflächen oder Verpackungen halten kann.

Der Corona-Virus ist einer, den man nicht unterschätzen sollte, einer, der auch die Musik- und die Klavierwelt mehr und mehr beeinflusst. Dennoch ist eine Angst oder Diskriminierung der Menschen oder für die Produkte aus einem bestimmten Land der vollkommen falsche Weg, mit solch einer weltweiten Beeinträchtigung umzugehen. Wir leben in einer vollkommen globalisierten Welt, also müssen wir auch akzeptieren, dass wir die Menschen aus anderen Ländern, in denen sich dann auch einmal Viren entwickeln und verbreiten können nicht vorschnell verurteilen oder vor ihnen Angst haben sollten, denn diese Angst schürt Gedanken, die wir in einer Welt der Musik nicht haben wollen und brauchen können.

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