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Alles auf Anfang?

Liebe Klavierenthusiastinnen und -enthusiasten,

es scheint so, als hätte die Welt stillgestanden und nun geht alles mit einer Stunde Null wieder los. Irgendwie verbreiteten die Monate der Einschränkungen und der Lockdowns eine Art Besinnung, des In-Sich-Gehens und auch der Überlegungen, was denn eigentlich wichtig ist im Leben. Für jeden Klavierfreund war die Zeit ohne Konzerte eine harte, vor allem aber für die vielen freien und weniger berühmten Pianisten, die überleben mussten.

Aber es gab auch die Momente, in denen man plötzlich bemerkte, dass man in den heimischen vier Wänden etwas machen kann, was einen vielleicht noch näher an die Musik und das Instrument bringt: Man konnte Bücher lesen, man konnte Noten nochmals ausgraben, die man lange in der Ecke liegen hatte und längst noch einmal anschauen und ausprobieren wollte man Klavier. Ja, und dann war da das Instrument, das ein normaler Arbeitnehmer vielleicht schon lange nicht mehr angeschaut hatte, geschweige denn angespielt. Zaghafte Versuche die Finger erinnern zu lassen, wie das eine oder andere Stück sich spielen lässt, waren die ersten Schritte. Dann fing man stärker an, sich mit dem Instrument zu beschäftigen, es zu putzen, es stimmen zu lassen vom Fachmann. Einige entschieden bald schon, dass ein neues Instrument die bessere Lösung wäre.

Was also hat uns diese Zeit beigebracht, wenn es um die Musik und das Klavier geht? Dass selbst Musizieren eine Beglückung ist, dass man dadurch noch mehr Hochachtung vor den Leistungen der professionellen Pianisten bekommt, dass man dranbleiben muss am Instrument, wenn man sich ihm doch wieder zuwenden will.

Wenn dann wieder vielerorts das „normale“ Leben einkehrt, werden viele Freudensprünge machen, und das ist klar. Aber wir müssen darauf achten, dass wir das, was wir in den Monaten, in denen wir mehr Zeit zu Hause verbrachten, entdeckt haben, gelernt haben, beglückend erkundet haben, nicht wieder verlieren. Vielleicht ist es gar nicht so erstrebenswert jede freie Minute, die wir haben, ins Ausland zu fahren, um uns andere Dinge, die wir vielleicht schon kennen, wieder anzuschauen. Vielleicht ist es ja viel mehr Wert, sich in die heimischen Wände mit dem Instrument oder der Klaviermusik zurückzuziehen, zu lesen, Schallplatten und fast verstaubte CDs wieder zu hören. Es ist eine Seelenarbeit, die wir da erlebt haben. Dann ist es aber unsere eigene Entscheidung, wie stark wir uns wieder in den Alltag hinein saugen lassen. Wir sollten glücklich sein, wenn die Situation sich entspannt, aber wir sollten darauf achten und in uns gehen, um das Gute, was sie uns gelehrt hat, nicht zu vergessen.

Die digitale Welt und das Klavier

Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,

in diesen Zeiten der Unbeständigkeiten für die gesamte Welt der Corona-Pandemie ist das digitale Element stark in den Vordergrund gerückt. Studenten werden digital am Instrument und in theoretischen Fächern unterrichtet, Kameras, die Bildschirmtreffen ermöglichen, gehören mittlerweile ebenso zum Standard wie die unterschiedlichen Software-Angebote, die uns die Kommunikation erlauben. Und schon werden die ersten Stimmen laut, die meinen, dass dies doch auch seine Vorteile hat. Denn letztendlich müssen Klavierschüler nicht mehr an einen bestimmten Ort, um unterrichtet zu werden, Klavierlehrer können zuhause bleiben, da ihnen ohnehin nur selten die Fahrtkosten erstattet werden. Und wenn es sich nicht um den Instrumentalunterrichtet handelt, dann sind auch einige Hochschuleinrichtungen durchaus interessiert daran, dass die theoretischen Fächer doch auch weiterhin über den Bildschirm unterrichtet werden können.

Natürlich haben auch etliche Großunternehmen in den Pandemie-Zeiten erkannt, wie viel Kosten man einsparen kann, wenn die Mitarbeiter zum großen Teil aus dem Homeoffice arbeiten. Für die CO2-Bilanz ist das wirklich gut, aber für die Kommunikation, die Dinge, die man auch für die Arbeit schnell einmal im direkten Gespräch nebenbei klärt, eher negativ zu bewerten. Eine gewisse Müdigkeit und Faulheit schleicht sich da ein. Noch rufen alle nach dem Live-Erlebnis, nach dem direkten Kontakt. Doch wie sieht das aus, wenn die Situation noch bis Mitte dieses Jahres 2021 andauert? Werden wir uns sofort wieder ins Getümmel des Verkehrs stürzen, um irgendwohin zu kommen? Das sind wir doch gar nicht mehr gewohnt. Und wenn der Auftraggeber oder der Arbeitgeber das nicht will oder es uns freistellt, dann werden viele sich wohl eher dagegen entscheiden, jeden Tag stundenlang im Stau zu stehen.

Doch währet den Anfängen. Denn wenn dies die „neue Normalität“ wird, dann verlieren wir gerade in der Musik, in jeder Phase dieser Musikwelt, die Akzeptanz für genau diese, für die so viele momentan noch kämpfen.

Nichts kann den direkten Kontakt ersetzen, weder im theoretischen Unterricht noch im praktischen am Instrument. Digitaltechnik sollte uns doch einmal eigentlich nur unterstützen, die Entwickler solcher Techniken hatten die Idee, dass die digitale Technik uns mehr Freiheit und mehr Spielraum gibt, aber nicht dass sie etwas Zwischenmenschliches ersetzen soll. Doch wenn gewiefte Geschäftsleute erst einmal den Nutzen zur Einsparung durch diese Digitaltechnik erkannt haben, dann rette sich wer kann. Schon in vielen Bereichen spüren wir es: Banken wollen, dass wir digital unsere Geschäfte mit ihnen abwickeln, und die Verbreitung dieses „Services“ ist immer stärker in unserem Leben integriert.

Doch die Musikerziehung, die Musik selbst, darf nicht vollkommen digital werden, auch wenn wir vielleicht noch akzeptieren können, dass die Aufnahmen uns als digitale CD erreichen. Zum Glück sind die digitalen Instrumente, die Digital-Pianos oder die mit digitaler Technik angereicherten Hybrid-Instrument noch so „live“ und lebendig, dass sie gespielt werden müssen.

Daher: Musik muss live blieben, so viel wie es möglich ist.

Ein denkwürdiges Jahr

Liebe Klavierliebhaberinnen und -liebhaber,

es ist fast zu Ende, dieses in jeder Hinsicht denkwürdige Jahr 2020. Ein Rückblick ist fast schon ein wenig melancholisch, denn dieses Jahr wird sicherlich auch den meisten Klavierliebhabern auf die eine oder andere Art im Gedächtnis bleiben. Hatten wir alle zu Beginn des Jahres noch die Hoffnung auf ein gutes Jahr, zeigten sich schon bald die ersten Infektionen mit einem Virus, das sich so schnell ausbreitete, dass wir wohl auch noch im kommenden Jahr die Auswirkungen der sich aus der Corona-Pandemie entwickelten Gegebenheiten spüren werden.

Die gute Nachricht: Das Klavier hat an Interesse gewonnen in diesem Jahr – als Instrument im eigenen Zuhause. Gerade die preisgünstigen Instrumente sind mehr als im Jahr zuvor verkauft worden, einige der Klavierbaufirmen haben schon im Oktober Lieferprobleme mitgeteilt, so gut war der Absatz. Die Klavierhändler mit guten Werkstätten haben zwar ihre Gestellungsinstrumente fast einmotten können, da viel zu wenige Konzerte stattfanden, haben aber in den Werkstätten so viel zu tun, dass sie kaum mit der Arbeit hinterherkommen. Warum? Die Menschen haben sich in den Lockdown-Monaten wieder an ihre eigenen Instrumente erinnert, festgestellt, dass diese nicht im besten Zustand sind, und sich richtigerweise an ihren Händler vor Ort gewendet. Das ist etwas durchaus Positives dieses eigenwilligen Jahres.

Doch der Rest ist erschreckend für die Kulturlandschaft, inklusive der Klavierkultur. Denn es hat sich gezeigt, wie wenig Lobbyismus die Kultur in den Köpfen der Politik hat. Obwohl sich bei Konzert der klassischen Musik keine Infektionsherde erkennen ließen, hat man generell entschieden, dass auch im November keine Konzerte stattfinden dürfen. Das ist nicht nur für die Veranstalter – vor allem die privaten – eine Katastrophe, sondern vor allem für die Künstler. Und hier sollen nicht die genannt werden, die sich lautstark und auch recht medienwirksam äußern, also die bekannteren Pianisten, sondern hier sollen die genannt werden, für die auch ein Auftritt für ein Honorar von 500,- Euro oder weniger überlebenswichtig ist. Nicht allein das psychologische Moment kommt dabei in den Fokus, dass die Künstler kaum mehr einen Antrieb haben, sich an ihr Instrument zu setzen, um Werke zu erarbeiten, da sie nicht wissen, ob und wann sie das Erarbeitete wieder einmal anwenden können, sondern wirklich das Monetäre. Viele der zahllosen freien und weniger im Fokus stehenden Künstler haben bereits aufgeben müssen, von ihrer Kunst zu leben und Jobs an Supermarktkassen annehmen müssen, um zu überleben. Das kann nicht die Handhabung solcher Menschen sein, die die Kunst aufrecht erhalten. Denn damit verlieren wir viel – unsere kulturellen Grundlagen nämlich.

Auch die freie Medienlandschaft hat gerungen und ringt immer noch. Wir von PIANONews haben bislang auf Biegen und Brechen überleben können, aber vor allem, um das Thema Klavier aufrecht zu halten, unseren Lesern einen Stoff in die Hand zu geben, der sie positiv stimmt in diesem Zeiten. Das ist nicht leicht, aber unser Wille ist zu überleben, um genau dies zu tun: Der Allgemeinheit die Wichtigkeit und die Schönheit der Kultur im Segment Klavier weiterhin zu verdeutlichen. Hoffen wir alle auf eine baldige Besserung der Gegebenheiten.

In diesem Sinne wünsche ich allen Newsletter-Abonnenten einen hoffentlich angenehmen und spannenden wie gesunden Dezember 2020 und einen dennoch guten Abschluss 2020.

Professionelle Ausbildung am Instrument

Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,

natürlich wollen wir heutzutage Interpretationen auf der Konzertbühne erleben, die makellos sind, die technisch wie interpretatorisch eine fundamentale Durchdringung der Werke seitens des Pianisten erleben lassen. Aber ist dies heutzutage wirklich noch möglich, in einer Zeit, in der die professionelle Klavierausbildung allein der Reproduktion gewidmet ist? In früheren Tagen waren durchaus mehr Talente von einem Pianisten gefordert, der auch Musiker in jeder Hinsicht sein musste: er musste improvisieren, musste sich auch im Spiel anderer Tasteninstrumente auskennen, musste vom Blatt spielen und wenn möglich auch kleine Stücke komponieren können, mit den richtigen vorgaben in Kontrapunkt. Das Generalbassspiel war zudem eine Selbstverständlichkeit. Als man im 20. Jahrhundert mit Tonaufnahmen begann, und spätestens mit der Einführung der Schnitttechnik für Einspielungen wurde ein vordergründiger Perfektionismus im Klavierspiel erwartet, der die Spezialisierung auf das alleinige Wiedergeben von alten Werken zur Folge hatte. Somit war in der Klavierausbildung das alleinige Reproduzieren auf technisch hohem Niveau geboren, das fast alle anderen genannten Fähigkeitsvermittlungen außer Acht ließ.

Erst nach und nach und mit der wissenschaftlichen Beschäftigung des Vergleichs von früheren Ausbildungsmethoden zu den heutigen, geht man dieser Problematik auf den Grund. Ja, es ist ein Problem. Denn allein mit der Reproduktion von Werken auf nur einem Instrument (dem modernen Flügel), kann  man nicht erwarten, dass sich bereits im Studium große Musiker entwickeln. Ganz im Gegenteil kämpfen heutige Klavierstudenten gegen Aufnahmetechnik, einen technischen Perfektionismus am Instrument, der sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Standard entwickelt hat und der das persönliche Gestaltungsmerkmal oftmals außen vor lässt.Das soll nicht heißen, dass heutige Pianisten – auch junge – nicht auch großartige Musiker sein können – nur haben sie diese Fähigkeiten oftmals nicht im Studium gelernt, sondern aus Eigeninteresse in ihrer freien Berufstätigkeit. Natürlich haben die Studenten Gehörbildung, haben Kontrapunkt und Musikgeschichte als Fächer, aber diese betreffen nicht die Praxis am Instrument. Alles weitere Wissen muss sich heutzutage fast jeder Pianist selbst aneignen – und das gelingt nicht immer.Man muss überlegen, ob die heutige Art der Ausbildung nicht einer Revision bedarf, ob man nicht vielleicht die moderne Ausbildung mit der früherer Tage wieder kombinieren muss, um wieder wahre Musiker am Tasteninstrument auszubilden, solche, die mehr können als Musik perfekt reproduzieren, was nur ein Teil des Berufes Pianist sein darf.

Rückblicke und Offenheit für Neues

Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,

gerne blicken viele von uns zurück: auf Live-Erlebnisse mit Pianisten auf der Bühne, mittels Aufnahmen aus früheren Tagen, vielleicht auch auf unsere eigenen Erfahrungen am Instrument. Dieses Zurückblicken hat mehrere Facetten: zum einen meint man, dass kaum ein heutiges Erlebnis denselben Eindruck hinterlassen kann wie die aus vergangenen Tagen. Zum anderen ist man gewillt den alten Erlebnissen mehr Qualität und Tiefe zuzusprechen. Doch ist das so?
In einer Zeit, in der aufgrund digitaler Medien, beständigen Meldungen von „Neuigkeiten“ das Leben ungleich atemloser geworden zu sein scheint, als dies in früheren Zeiten der Fall war, denkt man, dass die Liebe zur Klaviermusik einem Halt gibt, etwas Beständigeres darstellt als all die anderen Einflüsse und negativen Nachrichten. Und genau so ist es auch! Man muss nur abwägen, ob man das frühere Erleben von Pianisten auf der Bühne oder in Aufnahmen vergleichen will, oder ab man es gleichbedeutend mit dem, was man heute erlebt gelten lässt.Denn eines ist klar: Es gibt sie immer noch, diese seltenen Momente, in denen man denkt, dass dieses Erlebnis, das Anhören einer CD, eines bestimmten Konzerts einmalig ist, ein Erlebnis darstellt, dass sich einbrennt in die Tiefen der Erinnerung. Man sollte aufhören zu vergleichen, das Alte zu romantisieren, in dem Sinne, dass es kritiklos als besser angesehen wird. Aber wir sind nun einmal dazu verdammt, dass wir alles sofort vergleichen, unser Gehirn nimmt die abgespeicherten Erlebnisse als unwiderrufliche Referenz von dem wahr, was wir neu erleben. Da ist es schwierig sich frei zu machen und das Neue als mindestens ebenso spannend, interessant oder erlebenswert zu goutieren. 

Beispiele? 

1. Klavieraufnahmen, gehört von einer LP, die uns seit der Jugend bekannt ist. Hier kennen wir jeden Knacks und Kratzer, kennen die Interpretation des Pianisten bis ins Kleinste. Wie soll dagegen eine neue Einspielung bestehen, wenn wir jedes Rubato der alten Aufnahme so abgespeichert haben, dass es zum Maß aller Dinge geworden ist? 

2. Der Klang eines Instruments: Wenn wir seit unserer Jugend ein und dasselbe Instrument spielen, es immer wieder hören und im Anspielen erleben, werden wir jedes andere Instrument damit vergleichen. 

3. Das Live-Erlebnis. Eine kann sein, dass es eine besondere Atmosphäre war, die wir da in einem bestimmten Saal erlebten, dass es ein besonderes Publikum war, wir das Konzert mit einer für uns besonderen Person besucht haben. In diesem Moment wird das Konzert zu etwas ganz besonderem, vollkommen unabhängig von der Qualität des Spiels. 

Offenheit

Natürlich wird jeder Zustimmen, dass einige Dinge in früheren Zeiten einfacher waren, besser funktionierten, weniger austauschbar waren. Ja, das mag sein. Aber wir müssen auch weiterhin offen sein für das neue in der Klaviermusik. Und das nicht nur in der Musik selbst, die sich beständig weiterentwickelt, sondern auch für die Art der Interpretationen, die sich beständig verändert und auch entwickelt. Dies mag aufgrund neuer Ausgaben von bekannten Werken der Musikgeschichte geschehen, von anderen Ansichten der Pianisten ausgehend, oder aber durch neue Säle, in denen nun alles anders klingt als früher. Und auch die Instrumente entwickeln sich, werden einen immer wieder neuen Klang auf die Bühnen bringen, heute vielleicht mehr als in den vergangenen 50 Jahren.
Das Vergleichen ist unumgänglich, aber eine kritische Haltung unserem eigenen Empfinden gegenüber sollte die wirkliche Grundlage für uns sein, große Momente des Klavierspiel, des Klavierklang zu erkennen. Wer nun denkt, dass er schon alles gehört hat, und sich deshalb als einer aufschwingen kann, der es besser weiß, liegt falsch!

Kultur und was es sein sollte

Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,

was ist eigentlich die momentan so oft beschworene Kultur, die von der Politik mehrfach – trotz Unterstützung hier und da – insgesamt und verglichen mit anderen Bereichen der Wirtschaft schmählich vernachlässigt wird? Nun, eigentlich ist es ein wenig vage, was wir heute unter Kultur verstehen. Wenn wir nämlich von früheren Zeiten sprechen, dann sprechen wir beispielsweise von Hochkulturen der Antike, also von der Kultur als Ausdruck eines gesamten Reiches, eines gesamten Volkes. Das scheint mittlerweile nicht mehr der Fall zu sein, anscheinend ist Kultur mittlerweile zu einem eigenständigen und dem Begriff der „schönen Künste“ des 19. Jahrhunderts nahe stehenden Feld geworden. Doch ist Kultur nicht weitaus mehr, ist es nicht das, was ein Volk ausmacht, was es unterscheidet auch von anderen „Kulturen“, also Völkern. Dieses Verständnis wird aber immer nur dann herangezogen, wenn man sich absondern will von anderen „Kulturen“, anderen Völkern. Schon spricht man nicht mehr davon, dass einige Menschen aus anderen Kulturbereichen kommen, die von einem anderen kulturellen Verständnis geprägt sind. Dabei ist der Begriff aus dem Lateinischen von „cultura“ abgewandelt, der eigentlich den Ackerbau und die Pflege des Landes meinte. Bald wurde dieser Begriff aber schon mit etwas Materiellem verbunden.

Wie auch immer: Heute steht Kultur anscheinend für etwas, was nicht der Ökonomie dient, sondern zur geistigen „Befriedigung“ oder „Belustigung“ der Menschen in einem Land oder auch darüber hinaus. Für die alten Griechen waren die Künste eng mit den Wissenschaften verbunden und bildeten die Grundlage für eine reiche Kultur. Heute wird Kultur vor allem den Künsten zugerechnet – und das ist falsch. Zwar machen die Künste einen Großteil der kulturellen Grundlagen eines Volkes aus, aber eben nur die Grundlagen, auf die die anderen Bereiche des Lebens, wirtschaftliche ebenso wie wissenschaftliche aufbauen. Ohne die Grundlage sind die anderen Bereiche, die heutzutage zumindest in der Politik eine anscheinend wichtigere Rolle zu spielen scheinen, nicht denkbar. Dabei versucht man der Allgemeinheit mitzuteilen, dass es andersherum ist: Dass ohne die Wirtschaft und Wissenschaft die Kultur nicht zu finanzieren wäre. Aber was wäre denn eine florierende Wirtschaft ohne die Kultur? Einfach nicht denkbar, denn die hochqualifizierten Arbeitskräfte eines Unternehmens wollen ja auch Kultur genießen. Wie wichtig die Kultur ist (oder zumindest war), zeigen auch Großunternehmen wie die Bayer AG in Leverkusen oder die BASF in Ludwigshafen, die eigene Kulturabteilungen, Orchester und Konzerthäuser errichteten, da sie wussten, dass es wichtig ist, die Kultur in ein florierendes Unternehmen zu integrieren. Doch auch dieses Denken ist mittlerweile ein gestriges.

Kultur gilt heute als etwas anscheinend Beiläufiges, etwas, das nicht wichtig ist für die breite Masse, solange der viel beschworene „Wirtschaftsmotor“ funktioniert. Doch würde dieser ohne das kulturelle Angebot wie in einem Land wie Deutschland wirklich funktionieren? Wohl kaum. Und dass in den kulturellen Bereichen mehr Menschen arbeiten als in der Automobilindustrie inklusive der vielen zulieferfirmen, scheint keinen zu interessieren. Dass der Kultursektor zudem auch ein wirtschaftlicher Motor für ein Land ist, anscheinend auch nicht. Zur Kultur gehören weitaus mehr Bereiche als Museen, Konzert- und Opernhäuser oder Theater. Da sind die vielen Clubs, die Instrumentenhändler und -hersteller, die vielen freien Musiker, Schauspieler, die Bühnenleute, die Tonstudios, die Zeitschriften und Magazine, die Schallplattenindustrie, die Buchverlage, die Vertriebe, die dafür sorgen, dass man diese Dinge überhaupt zu Gesicht bekommt und käuflich erwerben kann, die Agenturen usw. Wären diese Bereiche nicht mehr da, würden auch viele Zulieferfirmen darunter leiden: Die Setzereien, die Druckereien, die Rundfunkanstalten, die immerhin einen öffentlichen Auftrag haben, die Holzlieferanten für die Musikinstrumente – einen umfassende Liste wäre endlos …Kultur ist ein ebenso wirtschaftlicher wie unabdingbarer Bestand eines Landes. Also sollte man es auch als Grundlage des Lebens sehen und ihn nicht abgesondert von anderen Bereichen betrachten! Ohne Kultur gäbe es ein Land wie Deutschland in dieser Form gar nicht.

Neue Normalität oder Todesstoß?

Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,

hängt Ihnen das Thema Corona-Pandemie auch schon zum Hals raus, können auch Sie keine Expertenmeinungen mehr hören, da doch alle eigentlich gleichlautend sagen: Wir wissen nicht ganz genau, was noch passieren wird. Die Aufhebung der Beschränkungen lässt hoffen, aber was genau kann man denn für die Klavierwelt erwarten?

„Neue Normalität“ nennen kluge Köpfe nun die Aufhebung der Beschränkungen. Das mag zutreffen, wenn es um das Einkaufen im Supermarkt mit Maske geht, wenn man an die Urlaubsreise denkt oder an das Bahnfahren. Denn selbst die Einschränkungen mit Maske sind recht harmlos. Doch wie sieht es mit dem Konzertbetrieb aus? Nur wenige Zuhörer können im Saal sein, können bei einem Event ohne Pausen wohl nur außerhalb des Saals eine Art von sozialem Erlebnis beiwohnen. Und das ist ein Konzert mit Klaviermusik nun einmal auch: ein soziales Erlebnis. Denn der Austausch mit Gleichgesinnten machte schon immer – und so ist es auch heute – einen Großteils des Konzerterlebnisses aus. Man will das Erlebnis verarbeiten, will darüber sprechen. Zudem sind es gerade – so ist es schon seit Jahrzehnten – die älteren Menschen, die in Konzerte gehen. Sie gehören aber offiziell zur Risikogruppe unserer Bevölkerung. Wollen sie sich wirklich den Gefahren eines Konzertbesuchs aussetzen, gleichgültig wie genau die Richtlinien der Abstände und der Hygiene aufrecht gehalten werden?

Natürlich ist es gut, wenn der Konzertbetrieb langsam wieder Fahrt aufnimmt, wenn Pianisten wieder auftreten, für ein reales Publikum spielen können und nicht für eine Kamera, hoffend, dass jemand im Livestream zuhört. Aber wie kann man wohl wieder zu einer echten Normalität zurückkehren. Wohl auf lange Zeit überhaupt nicht, so wie es aussieht. Und vielleicht wäre es auch unvernünftig, wenn die Säle und Konzertveranstalter nun einfach wieder zu einer Aktivität zurückkehrten, die vor der Pandemie normal war, denn immerhin haben wir noch keinen Impfstoff für das Corona-Virus. Zudem haben sich viele Klavierliebhaber daran gewöhnt, sich Musik virtuell anzuhören und anzuschauen, mit einem Glas Wein zu Hause auf dem Sofa. Das kann für viele Menschen eigentlich auch so bleiben. Sie müssen sich nicht aufmachen, um zu einem Saal zu kommen, womöglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln, sich beeilen, die letzte Straßenbahn- oder Busverbindung nach Hause zu erreichen, wenn das Konzert einmal länger dauert. Sie können während des Konzerts mit jemandem direkt über das sprechen, was man da erlebt. Natürlich ist das nicht dasselbe wie ein Live-Konzerterlebnis, aber der Mensch ist nun einmal auch bequem und ein „Gewohnheitstier“. Nun machen sich viele Entscheider der Musikindustrie daran, die Digitalisierung zu professionalisieren, es zu einer Dauerlösung auf Bezahlebene zu hieven, dass man Musik über den Fernseher oder den Computermonitor „genießen“ kann. So beispielsweise die Deutsche Grammophon mit ihrem Abonnement „Online-Forum DG Premium“. Das ist kontraproduktiv, vor allem für all die unbekannteren Künstler ein Schlag ins Gesicht, denn wenn das die „neue Normalität“ wird, werden auch sie in Zukunft ohne Publikum kaum mehr Konzerte spielen können.

Die Frage ist, was man in der langen Zwischenzeit machen kann, machen sollte? Denn die Lust an und auf die Klaviermusik ist nicht gesunken, ganz im Gegenteil hat man in den vergangenen Monaten gespürt, dass das Interesse durchaus noch gestiegen ist. Das liegt sicherlich auch daran, dass viele Menschen wieder Zeit hatten, sich mit ihrem Klavier zu Hause zu beschäftigen, sich wieder mit den Klavieraufnahmen, die sie lange nicht gehört hatten, beschäftigen konnten. Livestreams waren interessant, aber nicht das eigentlich Wichtige.

Die Rückkehr zu einer wie auch immer gestalteten und wie auch immer genannten Normalität wird noch auf sich warten lassen. Bis dahin bleibt vor allem eines: Die Lust und der Spaß am eigenen Klavierspiel, am Zuhören von Künstlern, die das Klavier spielen und davon leben wollen und müssen. Eine wirkliche Unterstützung fehlt bislang immer noch, wenn es nicht ohnehin schon zu spät dafür ist, denn einige Pianisten haben sich schon einen „Nebenjob“ suchen müssen, um zu überleben … Halten wir das Klavierspiel aufrecht und verlieren wir nicht den Spaß am Live-Event, ansonsten werden wir irgendwann bereuen, dass wir „bequem“ geworden sind.

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