Mehr Genuss: Vinyl-Schallplatten

Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,

es ist Ihnen vielleicht schon aufgefallen: Immer häufiger findet man Angaben über eine parallel erschienene Vinyl-LP einer Neuaufnahme oder einer historischen Wiederveröffentlichung im Bereich der Klaviermusik. Das Thema ist nicht etwas für Hifi-Freaks, die ihre Anlage wieder einmal mit neuem Material testen wollen. Nein, es handelt sich durchaus um eine Rückbesinnung auf das eigentliche: Die Musik. Das hört sich seltsam an? Nun, eigentlich ist es das nicht. Wenn Sie sich erinnern (und vielleicht besitzen Sie selbst noch einen Schallplattenspieler, den Sie vielleicht in den Keller verbannt haben), war das Erlebnis beim Kauf einer neuen LP ein wenig anders gelagert, als wenn man heutzutage eine CD neu erwirbt: Man musste sich hinsetzen, musste vorsichtig die LP (ohne Fingerabdrücke) auf den Platten Teller legen und wusste in diesem Moment schon, dass man nach nur knapp 20 Minuten die Scheibe drehen musste, wollte man eine Sonate oder einen Zyklus zu Ende hören. Mit der CD ist es etwas anders, die legt man in den Player ohne dass man zu sensibel mit ihr umgehen muss, und weiß, dass die CD komplett durchläuft. Das verleitet dazu, dass man eine CD auch schon einmal nebenbei hört – im Auto oder sonst wo. Bei einer LP muss man sich zu Hause hinsetzen und aktiv hören wollen – da geht nichts nebenbei.

Ob man nun den Klang einer Vinyl-LP oder den einer CD bevorzugt, spielt hierbei erst einmal keine Rolle. Viele der Aufnahmen, die als Vinyl-Aufnahmen auf den Markt kommen, sind nicht sonderlich interessant, da es eigentlich nur Wiederveröffentlichungen alter Einspielungen sind. Natürlich sind etliche klanglich aufbereitet und zudem hat man sich mittlerweile dazu entschlossen, bestes 180g-Material bei den Vinyl-Aufnahmen zu verwenden, das eine längere Haltbarkeit zur Folge haben. Interessant sind allerdings die neuen Einspielungen, die entweder ausschließlich als LP auf den Markt kommen, oder fast zeitgleich mit den CD-Veröffentlichungen. Und da kann man so seine klanglichen Überraschungen erleben. Denn die CDs klingen tatsächlich anders als die LPs, manches Mal ist das eine Produkt besser als das andere. Spannend sind allerdings Veröffentlichungen, die ausschließlich auf LP erscheinen, so wie die von „Berliner Meisterschallplatten“ (http://berliner-meister-schallplatten.de/de/katalog). Bei diesem Label werden die Einspielungen von Pianisten wie Paavali Jumppanen direkt auf die Lackfolie gebannt. Einmal abgesehen von der Klangqualität wird nicht geschnitten, sondern in einem Take aufgenommen. Das ist fast ein Live-Erlebnis. Bei diesen LPs macht es durchaus Sinn, ein wenig tiefer in die Tasche zu greifen und sich dem Erlebnis der spannenden Aufnahmen hinzugeben. Besonders im Bereich des Jazz gibt es interessante Aufnahmen, die es zu entdecken gilt.

Die Vinyl-Renaissance bedeutet nicht zwingend, dass die Zeit der CD vorüber ist, aber sie lässt erkennen, dass das reine Konsumieren von klassischer oder romantischer Musik nicht mehr das eigentliche Ziel ist, sonder der aktive Genuss wieder stärker im Vordergrund steht. Und daher kann ich nur jedem raten: Holen Sie ihren Schallplattenspieler aus dem Keller und gönnen Sie sich die Zeit, um aktiv die Musik zu hören, die sie hören wollen.

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