Händlersterben?

Liebe Klavierfans,

wo wenden Sie sich hin, wenn Sie für Ihr Instrument einen Fachmann suchen? Selbst wenn Sie „nur“ ein Instrument geerbt haben, wissen Sie wahrscheinlich nicht sofort, wie Sie herausfinden können, was das Instrument wert ist, wie man es vielleicht stimmen lassen kann, damit man selbst oder die Kinder darauf wenigstens ein paar leichte Stücke spielen können. Also wird man in Google nach dem nächstgelegenen Klavierstimmer oder Klavierfachgeschäft suchen. Also geht es in das nächstgelegene Klavierfachgeschäft … Doch halt, was tun, wenn man in einer ländlichen Region wohnt? Da muss man in der Regel schon ein wenig weiter fahren, zumindest in die nächstgelegen größere Stadt. Warum? Nun, seit Jahren findet – fast unmerklich für den Nicht-Eingeweihten – eine Art von Händlersterben im Klavierfachbereich statt. Dies liegt an unterschiedlichen Faktoren: Alteingesessene Fachgeschäfte finden in ihrer eigenen Familie noch einen passenden oder für dieses „Geschäft“ willigen Nachfolger. Ein Verkauf außerhalb der Familie ist bei einer mehr oder weniger angespannten Lage im Klavierfachhandel nur selten möglich. In Großstädten dagegen findet man in der Regel direkt mehrere große Fachgeschäfte, die sich dem Thema Klavier verschrieben haben. Wenn man ein neues Instrument erwerben will, dann nimmt man auch gerne den Weg über etliche Kilometer in Kauf, um das für sich geeignete Instrument zu erstehen. Doch wenn es „nur“ um einen Service, um das Stimmen geht, oder um eine Einschätzung einer Reparatur – was dann?

Nun, Klaviertechniker machen sich nach ihrer Lehre oftmals selbstständig, sind dann trotzdem auch in den ländlichen Regionen anzutreffen. Das bedeutet nicht, dass jeder Klaviertechniker, der einen Stimmservice anbietet, auch gleich ein wirklich guter Fachmann ist. Da sollte man erst einmal nachhören bei Freunden und Bekannten, welche Erfahrungen die gesammelt haben. Oder man ruft dann doch einmal in einem Klavierfachgeschäft in der nächstgelegenen größeren Stadt an und fragt, ob man eine Empfehlung eines befreundeten Kollegen erhalten kann. Dann ist man zumindest auf einer sichereren Seite, als wenn man nur „ausprobiert“.

Was bedeutet das auf lange Sicht? Nun, es ist ein bisschen so wie in allen Bereichen: Die größeren, aktiveren Händler machen es den kleinen zusehend schwerer, sich mit Verkäufen in einem angemieteten Fachhandel „über Wasser“ zu halten. Daher gaben zahlreiche Händler ihre kleinen Fachgeschäfte in den ländlicheren Regionen auf, und bieten heute vor allem einen Service als Stimmer und Techniker an. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Enthusiasten unter den Klavierbaumeistern, die es mit viel Engagement wagen, ihre Geschäfte zu vergrößern, sich mit Krediten ein neues Klavier-Zentrum zu schaffen, das die Kunden anlockt und vor allem mit einer wunderbaren Werkstatt den Rundum-Service anbietet.

Diese Aktivitäten kann man nicht hoch genug positiv bewerten, denn ohne diesen Enthusiasmus wird es auch im Klavierfachhandel – wie in anderen Bereichen – immer mehr zu einer Konzentration in den Großstädten kommen, der viele Klavierfans in ländlicheren Regionen „alleine“ lässt.

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