Klavierbau ist attraktiv, aber …

Liebe Klavierenthusiastinnen und -enthusiasten,

regelmäßige Leser von PIANONews haben es vielleicht schon bemerkt: Immer wieder erscheinen Anzeigen von renommierten Händlern und Herstellern, die nach Klavierbauern (oder Klavierbauerinnen, die wir hier einfach einmal unter dem „männlichen“ Begriff subsumieren) suchen, um ihren Personalstamm mit Fachkräften aufzufüllen. Früher war dies nicht der Fall, denn beständig hatte jeder Händler und Hersteller genügend Auszubildende, die er übernehmen konnte oder aber Bewerbungen von ausgelernten Klavierbauern. Warum kommt es zu dieser Verknappung der Fachkräfte in diesem so spannenden Bereich?

Nun, früher waren es vor allem die Klavierbaubetriebe, die zum Klavierbauer ausbildeten. Daneben gab es weitaus mehr große Klavierfachgeschäfte, die immer auch eine eigene Werkstatt hatten, in der Fachkräfte ausgebildet wurden. Denn beide, der Handel wie der Hersteller, benötigt diese Fachkräfte, um den Bau besonders von hochwertigen Instrumenten aufrecht zu erhalten (Klavierhersteller) oder den Service für seine Kunden durchführen zu können (Klavierhändler). Doch nach und nach haben Fabriken in den vergangenen 15 Jahren ihre Tätigkeit eingestellt, haben ihre Produktion aufgrund der Marktgegebenheiten verkleinern müssen. Entsprechend wurden weniger bis gar keine Auszubildenden mehr aufgenommen. Der Handel hat zudem oftmals seine eigenen Werkstätten aufgegeben, hat den Service „outgesorced“ wie man das gerne ausdrückt. Das bedeutet, dass für viele Händler nur noch freie Klaviertechniker arbeiten, die als Selbstständige aber nicht ausbilden. Die Wirkung all dieser Reduktionen im Bereich der Klavierbauer-Ausbildung wird nun deutlich spürbar: Man sucht händeringend nach Klavierbauern, die eine grundsolide Ausbildung in Deutschland absolviert haben. Doch woher soll man diese plötzlich bekommen? Viele Händler sind wieder dazu übergegangen und haben hervorragende Werkstätten eingerichtet und bilden wieder aus. Auch viel der Hersteller haben wieder mehr Auszubildende in ihr Personalkonzept eingebunden. Doch bis da gute Fachkräfte nachwachsen, dauert es ein paar Jahre. Vor allem muss man auch Klavierbauer finden, die genau an einem bestimmten Ort leben und arbeiten wollen – es muss halt in den Lebensplan der jungen Menschen passen, sich an einem bestimmten Ort niederzulassen. Der Engpass ist mittlerweile Realität, denn es wird noch einige Zeit dauern, bis dieser mit neuen (und guten) Nachwuchskräften aufgefüllt werden kann. Das bedeutet nun nicht, dass die Qualität der Instrumente und des Services nicht gewährleistet ist. Dennoch sollte man sich bei Kauf eines Instruments vielleicht einmal darüber im Klaren sein, dass ein Händler mit einer eigenen Werkstatt meist auch für den Fortbestand des Klavierbaus beträgt, da er in der Regel auch ausbildet. Da sollte man dann nicht nur auf den Preis schauen …

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