Pianonews 03 / 2022

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Ein langer Weg mit Brahms

Anna Tsybuleva

Von: Carsten Dürer

Vor allem seit sie 2015 den renommierten Klavierwettbewerb in Leeds mit dem Ersten Preis für sich entscheiden konnte, ist die 1990 in dem kleinen Ort Nizhny Arkhyz in der Karatschai-Tscherkessischen Republik geborene Anna Tsybuleva in der Konzertwelt ein Begriff. Obwohl diese im südlichen Teil des europäischen Russlands liegende und erst 1991 zur Republik ernannte Region mit nur knapp einer halben Millionen Einwohnern eher bescheiden daherkommt, scheint es dort doch gute Grundlagen für eine musikalische Ausbildung gegeben zu haben. Wir trafen Anna Tsybuleva am Rande mehrere Konzerte im schweizerischen Luzern, um uns mit ihr über ihr Denken, ihre Ausbildung und ihre Ansichten zum Repertoire und Musikbetrieb zu unterhalten.

Wir treffen Anna Tsybuleva in Luzern, im Probenraum des KKL, wo sie sich den ganzen Tag bereits auf ihr Konzert am Folgetag mit Solo-Klavierstücken von Brahms vorbereitet. Sie ist das erste Mal in Luzern, nicht aber in der Schweiz. „Es ist berauschend schön hier, es hat mich wirklich zu Tränen gerührt. Der Blick auf den See und die Berge vor diesem Saal ist unglaublich. Wie ein Traum.“ Sie lächelt.

Ausbildungswege und Erkenntnisse

PIANONews: Sie wurden in einem sehr kleinen Ort in Nizhny Arkhyz geboren. Wie war das dort?

Anna Tsybuleva: Mein Geburtsort ist ein kleiner Ort, der vor allem für Wissenschaftler da war, die für das Observatorium dort arbeiten. Mein Vater ist Astro-Physiker. Aber es sind nur 500 Menschen, die dort leben. Aber Karatschai-Tscherkessien ist nur eine der Russischen Republiken in der Föderation von Russland.

PIANONews: Das bedeutet, dass Ihre Eltern Wissenschaftler waren, nicht aber Musiker?

Anna Tsybuleva: Meine Mutter war meine erste Lehrerin, sie unterrichtete in einer Musikschule Klavier. Sie hat nicht Klavier studiert, war aber eine gute Klavierspielerin.

PIANONews: Da waren Sie sechs Jahre alt, richtig?

Anna Tsybuleva: Ja. Natürlich habe ich schon zuvor am Klavier einiges ausprobiert, meine Mutter hat mir vorgespielt … Sie ist insgesamt eine sehr künstlerisch gebildete Frau. Sie studierte in St. Petersburg an der Akademie der Künste. Entsprechend kennt sie sich in allen künstlerischen Bereichen, auch in der Architektur, aus. Auf der anderen Seite mein Vater als Astro-Physiker – es ist eine wunderbare Kombination, diese beiden Seiten als Eltern zu haben, denke ich.

PIANONews: Wie war Ihr weiterer Weg, nachdem Ihre Mutter Ihnen die ersten Schritte am Klavier beigebracht hatte? Gab es eine Musikschule?

Anna Tsybuleva: Als ich 10 Jahre alt war, nahm ich am Nationalen Wettbewerb für junge Pianisten in der Region Ostrow teil, in der Stadt Wolgodonsk. Dort trafen wir eine bekannte Lehrerin für junge Schüler. So fassten wir die Entscheidung, dass ich nach Wolgodonsk ziehen sollte, um dort unterrichtet zu werden. Das bedeutete: Ich zog ohne meine Eltern ganz allein um, ich lebte drei Jahre lang bei meiner Lehrerin im Haus.

PIANONews: Das hört sich sehr traditionell an, denn dies kennt man doch aus alten Zeiten auch noch. Nach drei Jahren dort musste es aber dann Moskau sein, richtig?

Anna Tsybuleva: [sie lacht] Ja, alle Wege führen letztlich nach Moskau. Das war allerdings auch die Entscheidung meiner Mutter. Sie erkannte, dass ich weitergehen müsste. So bin ich also nach Moskau gezogen und habe im Studentenwohnheim gelebt. Ich hatte allerdings viel Glück, dass ich meine Lehrerin dort traf, die eigentlich am Moskauer Konservatorium unterrichtete, aber auch in der Zentralen Musikschule in Moskau Stunden gab. Es war Ludmila Roschina. So unterrichtete sie mich erst in der Musikschule, dann auch auf dem Moskauer Konservatorium, und dort machte ich dann auch meinen Abschluss. Nach dem Konservatorium war sie es, die mir vorschlug, dass ich zu Claudio Martinez-Mehner nach Basel gehen sollte.

PIANONews: Wie kam es zu diesem Kontakt? Sie kannte Martinez-Mehner?

Anna Tsybuleva: Ja! Rozhneva ist eine Lehrerin, die es nicht mag, wenn man häufig den Professor wechselt, in dieser Hinsicht ist sie eine Lehrerin in der besten Tradition Russlands. Aber einmal kam sie zum Unterricht und erklärte mir, dass ich Claudio Martinez-Mehner finden und bei ihm Unterricht nehmen sollte. Ich war schockiert, da ich es von ihr nicht erwartet hatte. Als Martinez-Mehner bei Dmitri Bashkirov studierte, ging er auch zu meiner Lehrerin. So kannte sie ihn. Das war einer der wichtigsten Ratschläge, die ich von ihr erhalten habe, denn diese zwei Jahre bei Martinez-Mehner in Basel veränderten mein Leben vollkommen.

PIANONews: Sicherlich ist er ein vollkommen anderer Lehrer, denn er unterrichtet nicht Klavier im eigentlichen Sinne …

Anna Tsybuleva: Absolut, er unterrichtet Musik. Zudem unterrichtet er genau die Werke, die die Studenten sich aussuchten. Und dann hat man zu arbeiten begonnen. Dieser Zugang zur Musik, wenn man nicht über das Instrument nachdenkt, machte seinen Unterricht so wichtig! Einmal spielte ich, und er sagte, dass es zu sehr nach Klavier klingen würde. Ich war erstaunt, denn ich spielte ja nun einmal Klavier. Aber dann habe ich begriffen, was er meinte. Denn die meisten Komponisten dachten nicht über das Klavier nach – vielleicht Chopin noch am meisten. Aber meistens haben die Komponisten etwas anderes in die Klaviermusik integriert, haben sich für den Klang von etwas anderem inspirieren lassen. Von der Natur, von anderen Instrumenten, vom Orchester, Wind, Wasser oder etwas vollkommen anderem.

PIANONews: Sie sagten einmal, dass es in diesen zwei Jahren war, in denen Sie sich besonders in die deutsch-wienerische Musik verliebten.

Anna Tsybuleva: Oh ja. Für mich war es so, als würde ich diese Musik und die Komponisten neu entdecken, von der künstlerischen Seite. Natürlich ist es gut, die russische Tradition zu kennen. Aber es ist auch sehr wichtig, etwas anderes kennenzulernen. So war ich sehr glücklich, als ich dies erkannte.

Das gesamte Gespräch lesen Sie in Ausgabe 3-2022 von PIANONews.

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