Transkriptionen und Bearbeitungen

Sie waren immer beliebt: Transkriptionen von Werken, die man im Original nicht spielen kann oder hören konnte. Bereits in der Barockzeit haben zahllose Komponisten damit begonnen, Transkriptionen von berühmten Werken anzufertigen – oftmals sogar von eigenen. Warum? Nun, das war die einzige Möglichkeit der Verbreitung von Musik in früheren Zeiten, denn wer hatte schon die Möglichkeit eine Oper zu hören oder große Orchester zur Verfügung zu haben. Von Händel-Opern bis zu Bach-Kantaten gab es immer wieder Melodien, die dann für das Cembalo adaptieret wurden.

Doch erst in der Zeit der sogenannten Wiener Klassik und Romantik ging es dann so richtig los mit den Transkriptionen. Denn die Instrumente, auf denen man sie spielen konnte, fanden in immer mehr Haushalten Verbreitung. Das Klavierzeitalter war angebrochen und damit war jeder Komponist daran interessiert, dass seine Werke, die nicht originär für diese Instrumente geschrieben worden waren, auch auf ihnen gespielt werden können. Es waren zu dieser zeit aber vor allem die Komponisten, die sich an dieser Art von Transkriptionen versuchten. Gerade die Opern-Melodien und die Lied-Adaptionen hatten es ihnen angetan. Franz Liszt wurde einer der größten Bearbeiter. Allerdings hatte es bei ihm weniger mit einem pädagogischen Ansatz zu tun oder mit einem Verbreitungswillen als vielmehr mit einem persönlichen Sendungsbewusstsein und dem Willen seinen Heroen aus der Musikwelt, Beethoven und Schubert, pianistische Denkmäler zu setzen.

Als das goldene Zeitalter des Virtuosentums zu Beginn des 20. Jahrhunderts seinen Lauf nahm, hatte jeder große Pianist das Bedürfnis seine eigenen Transkriptionen über Lieber, Bach’sche Kantaten-gesänge und so fort ins Programm zu nehmen. Meiste waren es Zugabenstücke, die dann aber auch recht bald als Notenexemplare verkauft wurden. Da waren Pianisten wie Alexander Siloti ebenso zu nennen wie Anton Rubinstein, bis hin zu Vladimir Horowitz oder Wilhelm Kempff. Irgendwann aber wurde die Transkription ein wenig von der reinen Interpretationskunst der großen Klavierwerke und der damit einhergehenden Urtext-Annahme überschattet. Hatte die Transkription eingebüßt an veritablem Ansehen, kam nun ein anderer Aspekt ins Spiel: Die Bearbeitung. Wo der Unterschied liegt? Nun, eine Transkription hatte immer auch den Anspruch – unabhängig von der technischen Schwierigkeit – das Original so gut wie möglich abzubilden. Eine Bearbeitung hatte meist die Idee, Werke zu vereinfachen.

Was ist also von Transkription heute noch geblieben? Meist sind es Bearbeitungen. Nun, es gab natürlich die institutionalisierte Pädagogik. Und da man nun einmal Anfänger oder Klavierschüler nicht die Transkriptionen spielen lassen kann, die hohe Schwierigkeitsgrade darstellen, begann man berühmte Werke zu bearbeiten. Und dies nun nicht nur mit Werken aus anderen Genres als der Klaviermusik, sondern auch solche, die schwierige Klaviermusik einfach darstellten. Hans-Günter Heumann ist einer der ganz großen Bearbeiter für Schüler und Anfänger, er hat zahllose Hefte mit leichter Spielbarkeit von berühmten großen Meisterwerken auf den Markt gebracht.

Zum Glück aber gibt es für alles eine Art von Wiederkehr. Und so haben sich wieder mehr und mehr Pianisten dazu durchgerungen Werke aus anderen Genres für das Klavier zu transkribieren. Ebenso wie man sich der Improvisation besinnt, die lange Zeit ausschließlich den Organisten oder Jazz-Musikern vorbehalten war, so sind auch Transkriptionen wieder im Kommen. Das ist gut so, denn auf diese Weise kann man das Klavier wieder als Universalinstrument betrachten, auf dem auch Orchesterklänge und Opernmelodien oder Lieder so gestaltet werden können, dass man sie auf neue Art hört und kennenlernt.

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