Hobby-Pianisten und ihre Bedürfnisse

Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,

nach dem letzten Newsletter im vergangenen Jahr hatten mich Leser darauf aufmerksam gemacht, dass ich mit meiner eingeschränkten Sicht auf die Profi-Welt die Hobby-Pianisten verunglimpft habe. Einer schrieb: Sie haben jedoch im letzten Absatz Ihres Newsletters soeben sämtliche motivierte Hobby-Pianisten verunglimpft, indem sie deren Social Media Downloads als niedriges Mittelmaß bezeichnen. Diese Menschen opfern ihre Freizeit, um mit viel Mühe, Liebe und Zeit und zum Teil auch mit aufwendigem Equipment zu produzieren. Das motiviert sie und andere und hält auch das Musizieren beziehungsweise Klavierspielen am Leben, indem diese präsent bleiben.“ Zudem sagte er als Vergleich: „Das wäre so, als würden Sie jedem verbieten, sein Hobby-Fußballspiel auf YouTube zu zeigen, weil sonst die Profi Fußballspieler zu kurz kämen.“

Ganz Recht hat dieser Leser. Und auch andere haben sich über meine scheinbar unbewusste Überheblichkeit geärgert. Denn natürlich ist es ein Erfolg für jeden Hobby-Pianisten sein über oftmals lange Zeit Eingeübtes mit anderen Menschen zu teilen. Diese haben weniger Chancen diese erarbeiteten Werke vor Publikum zu spielen. Für die Hobby-Pianisten sind natürlich die Plattformen wie YouTube sehr wichtig, um sich zu präsentieren, um ihre Erfahrungen im Spiel am Klavier mit anderen zu teilen. Ich wollte nicht die große Schar an Amateur-Pianisten „verunglimpfen“, ich wollte auf eine Entwicklung hinweisen, die wir während der Corona-Pandemie erlebten: Dass die Profi-Pianisten mit ihren Streaming-Konzerten das wunderbare „jetzt erst Recht“ der zahllosen Hobby-Pianisten in ihren Häusern der beginnenden Lockdowns, die damit zeigen wollten, dass sie nicht aufgeben und in jedem Fall „da sind“, die privaten mit ihrer Marketingmacht niederzudrücken.

Wir benötigen die vielen Hobby-Pianisten, die engagierten Amateure, wir benötigen Menschen, die sich gerne mit der Klaviermusik beschäftigen. Allerdings: Oftmals könnte man in Gesprächen nach Amateur-Wettbewerben den Eindruck gewinnen, dass sich viele von ihnen gar nicht so amateurhaft und mit Lust dem Thema Klavier für sich selbst widmen, sondern ein Thema suchen, um sich zu profilieren – auf ihre eigene Art und Weise. Ich denke bei Amateur-Pianisten vielmehr an all die, die sich mit Freude dem Klavierspiel widmen und aus ihm für sich selbst die Energie ziehen, die dieses bringt. Aber natürlich verstehe ich auch, dass viele Amateure dann einmal zeigen wollen, was sie können, was sie erarbeitet haben. Dies ist aber dann doch ein anderer Ansatz: sich zu zeigen, sich zu messen (wie in Wettbewerben beispielsweise …) ist etwas anderes, als sich aus dem Spiel am Instrument neue Energie zu ziehen.

Jeder, der sich mit Klavierspiel beschäftigt, ist gleichermaßen wichtig: professionell, laienhaft oder als Amateur im alten Sinne, also bereits auf einem fast professionellen Niveau, aber das Klavierspiel nicht als Beruf ausübend. Die Frage ist aber: Was machen diese Menschen alle gemeinsam dafür, dass das Klavierspiel eine Verankerung in der Welt und Gesellschaft erfährt, damit diese den Wert dieser Beschäftigung erkennt. Dafür müssen wir einstehen, nicht nur unseren eigenen, privaten (und oft kleinen) Horizont sehen, sondern mit aller Macht versuchen, die gesamte Breite aller sich mit dem Klavier Beschäftigenden als großes Ganzes und Wichtiges erkennen. Dann wird es eine Form der Anerkennung geben, von dem jeder profitiert, selbst diejenigen, die das Klavier als private Erbauung sehen. Und dafür müssen alle einstehen. Mit dieser Einstellung kann man dann auch die offiziellen Kräfte, die Städte und Gemeinden – und damit die gesamte Gesellschaft – davon überzeugen wie wichtig dieser Bereich der Kultur für alle Teile der Menschen in einem Land ist. Und das würde auch allen helfen.

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