Genres – feststehende Abgrenzungen?

Liebe Klavierfreundinnen  und -freunde,

haben Sie nicht auch manches Mal das Gefühl, dass Sie einige der heute erscheinenden Kompositionen, die eigentlich der sogenannten „ernsten Musik“, also der gemeinhin als Klassik bezeichneten Musik, nicht wirklich zuordnen können? Derjenige, der neben der sogenannten Klassik auch andere Musik hört, fühlt sich sogleich an Weltmusik, an Jazz oder sogar Popmusik erinnert (aus welchen Zeiten auch immer). Wie aber sieht es denn nun mit der heutigen klassischen Musik aus?Nun, auf der einen Seite gehören die anderen Genres neben der klassischen Musik mittlerweile ebenso zur Musikgeschichte wie die Kompositionen aus längst vergangenen Jahrhunderten. Und so ist es wohl mehr als selbstverständlich, dass heutige Komponisten sich auch von dieser Musik beeinflussen lassen, gewollt oder nicht gewollt. Auf der anderen Seite wollen heutige Komponisten auch, dass ihre Werke wieder stärker ein breiteres Publikum erreichen, als in Zeiten, als die fast geschlossenen Zirkel von Komponisten in Festivals wie den „Ferienkursen für Neue Musik“ in Darmstadt oder den „Donaueschinger Musiktagen“ sich gegenseitig von ihren neuen Leistungen überzeugen wollten und nicht daran interessiert waren, ob diese Werke auch in den üblichen Konzertreihen gehört würden.

Auch der Jazz hat natürlich seine Ursprünge – mögen diese auch weitaus jünger sein, als die der klassischen Musik – in längst vergangenen Zeiten. Und die Musiker dieses Genres schauen auch beständig darauf, Neues zu entwickeln. So lassen sie sich von der Musik aus anderen Ländern beeinflussen, integrieren Rhythmen aus dem Orient oder Asien in ihre Musik – und gehen so in die Richtung Weltmusik. Abgrenzungen von Genres sind mittlerweile schwimmender als jemals zuvor, oder? Nun, wenn wir zurückblicken in die Musik früherer Zeiten (man denke nur an den Einfluss des Jazz auf Komponisten wie Debussy oder Ravel), so war dies eigentlich schon immer so, nur dass die Globalisierung nicht so weit fortgeschritten war, dass man leichten Zugang zu allen Musikstilen in jedem Land sofort und jetzt zur Verfügung hatte. Heute, in einer vollkommen digitalisierten und globalisierten Welt, ist das anders. Mittels des Internet, allein durch YouTube, kann man sich Musik aus aller Herren Länder anhören, sich einen Eindruck machen, wie diese Musik klingt, sei es aus dem Urwald Südamerikas oder des Jazz aus Island. 

Die Abgrenzungen, die wir gemeinhin in unseren Köpfen haben, sind also eigentlich längst obsolet. Warum wir sie immer noch vornehmen? Nun, die Musikhäuser in unseren Regionen liefern uns fast ausschließlich Musik vergangener Zeiten, so dass das empfinden entsteht, dass dies die wahre Musik der Klassik sei. Dabei vergessen wir oftmals, dass die Musik von Komponisten wie Beethoven, Kurt Weill oder anderen zu ihren Zeiten auch mehr als kritisch gesehen, ja auch abgelehnt wurde.

Die sogenannte Neue Musik, die immer noch gerne im Elfenbeinturm ihrer Eigenarten verweilt, ist auf zahllosen Festivals präsent. Komponisten, die diesem Elfenbeinturm entfliehen wollen, haben es schwer. Mittlerweile aber gibt es – vergleichbar mit dem Jazz – auch in der Klassik wieder mehr und mehr Interpreten-Komponisten wie in früheren Zeiten. Und sie sind in der Lage, mittels der Aufführung eigener Werke uns eine Musik näherzubringen, die keine Genregrenzen mehr kennt. Und genau das sollten wir erkennen und akzeptieren. Genres sind in unseren Köpfen und wir wollen sie beibehalten, da es uns das Leben der Einordnung vereinfacht.

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