Pianonews 01 / 2019

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Krystian Zimerman

„Ich war nie ein Spezialist.“

Von: Marco Frei

Er gibt kaum Interviews. Für ausgewählte Medien hat jetzt Krystian Zimerman eine Ausnahme gemacht – darunter für PIANONews. Grund ist die aktuelle CD, die der polnische Pianist gemeinsam mit den Berliner Philharmonikern und Simon Rattle realisiert hat: die 1949 entstandene Sinfonie Nr. 2 „The Age of Anxiety“ von Leonard Bernstein nach einem Poem von W. H. Auden. Mit diesem Projekt würdigt Zimerman den 100. Geburtstag eines Dirigenten und Komponisten, der ein zentraler Weggefährte für ihn war. Während der Salzburger Festspiele, wo das Bernstein-Werk in derselben Besetzung auf dem Programm stand, lud Zimerman zum Gespräch. Eine ganz persönliche Bilanz ist herausgekommen.

PIANONews: Gratulation, Herr Zimerman! Im Herbst 2014 wurde im polnischen Katowice ein neuer Konzert­saal der Spitzenklasse eröffnet.

Krystian Zimerman: Ja, das stimmt, aber was habe ich damit zu tun? Es ist eine großartige Leistung des jungen Architekten Tomasz Konior sowie des bedeutenden japanischen Akustikdesigners Yasuhisa Toyota von „Nagata Acoustics“ in Los Angeles.

PIANONews: Allerdings haben Sie den direkten Kon­takt zu Toyota erst hergestellt. Ohne Ihr beherztes En­ga­ge­ment wäre das Projekt nicht im Ansatz so glanzvoll geworden. Jedenfalls gibt es selbst in der Klassik-Metropole München keinen vergleichbaren Spitzensaal, oder?

Krystian Zimerman: Ich finde, dass der Herkules­saal in der Residenz ein guter Saal ist – fantastisch. Die Philharmonie im Gasteig ist ein Saal, mit dem ich nichts anfangen kann. Sie wissen, was Leonard Bern­stein über sie gesagt hat?

PIANONews: Natürlich: „Burn it!“ – „Abfackeln!“ Hat er Recht?

Krystian Zimerman: [lacht] Wissen Sie, ich war da­mals in der ersten Woche nach der Eröffnung da­bei, habe dort gespielt. Mit dem Saal hatte ich große Schwierigkeiten. Ich glaube, dass es nicht der Unfähigkeit der Macher geschuldet war, sondern einer weitverbreiteten Anschauung von Akustik. Oftmals verwechselt man gerne ein bisschen Deutlichkeit und Hörbarkeit mit Akustik.

PIANONews: Was ist Akustik?

Krystian Zimerman: Für mich ist Akustik ein Werkzeug, das mich fliegen lässt. Der erste Akus­tiker, der das begriffen hat, ist meiner Meinung nach Toyota. Auch Russell Johnson von „Artec Consultants“ war sehr, sehr gut, hatte aber eine ei­gene Anschauung – die Echokammern mit den großen Flügeln etwa.

PIANONews: So wie beispielsweise im KKL in Luzern?

Krystian Zimerman: Richtig, und theoretisch ist das auch eine gute Idee. In der Praxis sieht das aber so aus: Bis der Ton die Echokammern mit den Flügeln erreicht und wieder abstrahlt, bin ich schon drei Noten weiter. Als Interpret kann mich das nicht mehr beeinflussen. Für uns Musiker ist das also im Grunde „Schnee von gestern“. Das Publikum kann vielleicht etwas davon mitnehmen. Da aber der Künstler über die Position der Flügel und den Öffnungsgrad der Echokammern entscheidet, bleibt es dasselbe Dilemma. Man hat diese Echokammern für viel Geld eingebaut, die ersten Monate viel herumgefummelt. Als ich nach einem Jahr nachfragte, wie oft sie benutzt würden, hieß es dann: Nie.

PIANONews: Aber das Auge hört eben auch mit. Das nennt man „Psychoakustik“, oder?

Krystian Zimerman: [lacht] Ja, das ist gut. Aber für uns Musiker ist es eben wichtig, wie die Akustik auf dem Podium ist – und wie sie sich entfaltet. Als ich 1989 begann, mit dem eigenen Flügel zu reisen, dachte ich: „Jetzt habe ich endlich Ruhe.“ Von wegen: Der Horror hatte erst begonnen. Ich konnte nicht verstehen, warum meine Flügel nicht klangen. Ich dachte, man habe das Instrument verwechselt – eine „Sabotage“. Es hat sich herausgestellt, dass es an der Akustik lag. Als ich dann mit ei­nem Techniker am nächsten Tag herumdokterte, war alles wieder gut. Warum ist das so?

PIANONews: Was ist Ihre Erkenntnis?

Krystian Zimerman: Ich hatte begriffen: Ich spiele nicht Klavier, sondern ich bespiele den Saal, und dies mindestens zu 60 Prozent. Die Töne sind im Grunde fast schon egal, überspitzt gesagt: weil ich Zeit mache. Ich fing an, die Akustik zu messen, mit einer Firma aus Norwegen. Sie hatten seinerzeit die ersten „Frequency Analyzer“. Die Geräte waren riesig. Sie wurden während der Konzerte eingeschaltet und haben gemessen. Ich habe tausende Seiten von Analysen ausgehändigt bekommen. Nachts habe ich mich durchgewühlt und sie zu lesen versucht.

PIANONews: Was wollten Sie denn überhaupt herausfinden?

Krystian Zimerman: Gute Frage! Sie haben mich da­mals dasselbe gefragt, aber ich wusste nicht, was ich konkret wissen wollte. Deswegen sagte ich: „Nehmt alles auf, was Ihr könnt.“ Ich wollte ein­fach verstehen, wie ich den Saal bespiele. Das hat mich ein Vermögen gekostet. Ich habe mindestens zwei Mercedes-Autos mit dieser Forschung begraben. Am Ende habe ich aber gelernt, wie man die Spektogramme liest – die Akustik. Ich konnte so spielen, wie ich wollte, dass es klingen soll. Ich wusste genau, was ich machen musste – auch an den Flügeln. Später habe ich Werkzeuge entwickelt, mit denen ich innerhalb einer halben Stunde einen Flügel so verändern kann, dass er in jedem Saal klingt: und zwar besser als das hauseigene Instrument in dem jeweiligen Saal.
PIANONews: Wie machen Sie das?

Krystian Zimerman: Das waren 20 Jahre Forschung. …

Das gesamte Gespräch, in dem Krystian Zimerman auch mit vielen Gerüchten um seine Person aufräumt, lesen Sie in PIANONews 1-2019.

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