Der deutsche Klaviermarkt aus der Sicht des Auslands

Liebe Klavierliebhaberinnen und -liebhaber,

wenn man viel reist, erkennt man, dass die Märkte für das Klavierspiel in anderen Ländern als Deutschland vollkommen geartet sind, als vor der eigenen Tür. Aus Deutschland schaut man immer gerne einmal nach Skandinavien, wo es zahllose Klavierschulen für weitaus weniger Bevölkerung gibt als in Deutschland und zudem die finanzielle Ausstattung dieser auch noch besser ist als hierzulande. Auch in einigen Teilen Österreichs kann sich das Musikschulwesen sehen lassen. Immerhin gibt es in Oberösterreich Musikschulen, die es sich leisten können, einen Fazioli-Flügel in ihre Säle zu stellen. Anders hingegen stellt es sich mittlerweile in den südlichen Ländern Europas dar, in Italien und Spanien, wo die öffentlichen Förderungen fast gänzlich weggebrochen sind, um ein flächendeckendes gutes Ausbildungsniveau aufrecht zu erhalten. Das betrifft nicht nur die Musikschulen, sondern vor allem auch die Veranstalter, die viele Jahre von der öffentlichen Hand abhängig waren. Selbst in Frankreich hat der ehemals starke Kulturetat in den vergangenen Jahren große Einbußen hinnehmen müssen. Seither drängen selbst französische Pianisten, die noch vor Jahren im eigenen Land allein mit Auftritten in Festivals und Konzertreihen so gut verdienen konnten, dass sie gar nicht gewillt waren, in anderen Ländern für weniger Geld aufzutreten (Ausnahmen bestätigen da natürlich wie immer die Regel). Und seit in den Niederlanden vor Jahren der Kulturhaushalt um 50 % von heute auf morgen gekürzt wurde, sind auch dort die öffentlich getragenen Kulturinstitutionen bange um ihre Existenz.

Doch wie sieht es aus, wenn man die ausländischen Kenner des eigenen Marktes nach ihren Ansichten über Deutschland fragt? Da ist man erstaunt: Denn obwohl wir in Deutschland oftmals über fehlende – oder zumindest zu geringe – Unterstützung für das Kulturwesen klagen, scheint das europäische Ausland Deutschland immer noch als das Kulturland Nummer 1 zu sehen, in dem der Markt und die Möglichkeiten uneingeschränkt sind. Natürlich, kaum in einem anderen Land gibt es seit so langer Zeit ein großartiges Musikschulsystem, mehr als 20 Musikhochschulen, die von öffentlicher Hand getragen werden. Nicht zu zählen die zahllosen Klavierhändler, die ja anscheinend alle ihre Instrumente an den Mann bringen können. Daneben gibt es immer noch die Rundfunkanstalten, eine große Anzahl an Labels, die Aufnahmen machen, Veranstalter, die Konzerte organisieren und das Land geradezu mit Musik überfluten. Nicht zu sprechen von der riesigen Anzahl an Festivals, die jedes Jahr versuchen, ihre Attraktivität zu erhöhen.

Doch ist das alles wirklich so? Ja, es ist so. Aber! Ja, es gibt ein „aber“, denn wenn man den Prozess des Rückzugs der öffentlichen Hand aus der Musikunterstützung in den vergangen 25 Jahren betrachtet, dann ist es nicht so, dass der gesamte Etat geringer wurde. Vielmehr ist es so, dass es immer mehr Institutionen gibt, die von der öffentlichen Hand gespeist werden wollen. Und damit gibt es auch einen Niedergang der Unterstützung.

Natürlich werden Orchester zusammengelegt, Musikhochschuleinrichtung Universitäten angeschlossen oder ganz aufgegeben. Mann muss einmal genauer hinschauen: Der Prozess, der in anderen Ländern Europas drastisch für die Musik nach unten führte, ist hierzulande weitaus verlangsamt, aber er ist schleichend vorhanden. Und das sollte man sich vergegenwärtigen. Denn ohne die öffentliche Unterstützung funktioniert nur wenig. Wenn Sponsoren Konzerte oder Festivals unterstützen sollen (und dies auch tun), dann ist das nicht einfach sie davon zu überzeugen, denn immerhin bezahlen sie auch Steuern, die eigentlich auch der Kultur zugute kommen sollten. Wird die Kultur geringer, wird es schwieriger für die Dienstleistungsunternehmen an bestimmten Standorten hoch ausgebildetes Personal anzustellen, denn diese Klientel will ein kulturelles Umfeld. Sind die Institutionen nicht mehr mit genügend Etat ausgestattet, dann werden auch weniger hochwertige und für die Ausbildung wichtige Klaviere und Flügel gekauft, was die Klavierhändler und -hersteller betrifft. Wenn die Rundfunkanstalten, die auch von der öffentlichen Hand getragen werden, sich immer stärker aus dem Konzertwesen und der Kooperation mit Veranstaltern zurückziehen, werden weniger CD-Aufnahmen möglich sein, werden weniger Konzerte übertragen und so fort. Da fragt man sich, warum der Endverbraucher beständig mehr GEZ-Abgaben bezahlen muss.

Wenn es darum geht, dass Deutschland das Ansehen als Klavier- und als Kulturland wenigstens im europäischen Ausland behalten will, dann muss man die Zeichen der Zeit sehen. Und man sollte auf der Hut sein, alles rosig zu malen und zu sehen, denn wenn wir in Deutschland nicht aufpassen, ist es dann bald vorbei mit dem Kulturland. Und das Klavier und das Spiel auf diesen Instrumenten ist nur ein Aushängeschild, das diese Kultur eigentlich repräsentieren sollte.

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